Ab dem 5.April wird unsere Stadt das Amtsblatt selbst herausgeben. Das „Geben“ sollte man dabei aber nicht allzu wörtlich nehmen. Verteilt werden wird es entweder freitags oder wenn’s gerade passt, hochmodern per Newsletter oder zur Mitnahme an wenigen ausgewählten Stellen. Folgen wir damit also nur dem Zeitgeist?
„Satzungen einer Gemeinde sind im Amtsblatt der Gemeinde öffentlich bekannt zu machen“, so steht es in der maßgebenden Thüringer Landesverordnung. Und das hat seinen Grund: Die Verkündung im Amtsblatt schließt das Normgebungsverfahren, also auch das einer Satzung, erst formell ab. Damit soll dem rechtsstaatlichen Publizitätsgebot Rechnung getragen werden und der Öffentlichkeit, also uns allen, die Kenntnisnahme des für die Stadt Gera geltenden Rechts ermöglicht werden. Was so sperrig klingt, hat seinen regelmäßigen Nutzen: Änderungen der Satzungen von Abfall- und Abwasserverband, Straßenwidmung und –Nutzung, Ausschreibung von Baumaßnahmen und Hinweise auf öffentliche Anhörungsverfahren: Sie alle werden im Amtsblatt veröffentlicht und ermöglichen den Einwohnern Kenntnis und Teilnahme an demokratischen Prozessen.
Allein die Verteilung per Newsletter schließt bereits einen größeren Einwohnerkreis von der Kenntnisnahme der Veröffentlichungen aus. Viele unserer älteren Einwohner sind mit elektronischer Kommunikation nicht groß geworden. Wir erinnern uns, wie schwer es war, unseren Großeltern allein den Videorecorder zu programmieren. Sie dann stattdessen noch zur Abholung der Papierversion ins H35 oder zum 90,- EUR-Jahresabo bewegen zu wollen, macht die Sache nicht besser.
Demokratische Teilnahme sollte allen unseren Einwohnern in einfacher und kostenfreier Weise garantiert werden. Sonst entfernen sich Verwaltung, Satzungsgeber und Einwohner noch weiter auseinander, als uns allen lieb sein kann. Der Weg am Briefkasten vorbei ist da wohl eher ein Irrweg.