Schon im letzten Jahr gab es bei der Stadt Gera überplanmäßige Personalausgaben, welche der Oberbürgermeister selbst, letztendlich auch mangels Stadtratsbeschluss, mit einer Eilentscheidung realisiert hatte. Die gleiche Situation haben wir in diesem Jahr, nur dass der Betrag höher ist und der Stadtrat dies klar abgelehnt hat.
„Für mich als Stadtrat und Mitglied im Haushalt- und Finanzausschuss sind rund 5,5 Mio. alles andere als ein „Durchlaufposten“, welcher so einfach am Ende des Jahres bestätigt werden kann.
Die beschlossene Personalkostenobergrenze, welche auch der Oberbürgermeister mit der Aufstellung des Haushaltes 2022 bestätigte, hat eigentlich, wenn überhaupt nur noch symbolischen Charakter.“ fasst Sandra Raatz (Fraktionsvorsitzende) die Situation zusammen und ergänzt „Es handelt sich dabei auch um einen Stadtratsbeschluss und ist die bis dato effektivste Maßnahme des Haushaltsicherungskonzeptes.“
Aus Sicht der Fraktion FÜR GERA kann man über die Höhe der Obergrenze z.B. aufgrund zu erwartender Tarifabschlüsse diskutieren, substanziell muss jedoch eine Entwicklung zu erkennen sein, dass an den, langsam ins unermessliche steigenden, Personalkosten gearbeitet wird.
Aber es fehlt weiterhin ein Personalentwicklungskonzept, welches diesen Namen verdient. Es fehlt ein Verwaltungsstandortekonzept. Die Stellenbewertung und die Prüfung der Anmeldungen der Personalbedarfe aus den Dezernaten wird nur unzureichend durchgeführt.
Es klemmt an allen Ecken und Enden bei der Verwaltungsorganisation.
Obwohl dem Oberbürgermeister spätestens seit April dieses Jahres bekannt war, dass das Geld für Personal nicht reicht, wurden keinerlei Sparmaßnahmen eingeleitet, Personalentscheidungen auf den Prüfstand gestellt, noch wurde dem Stadtrat mitgeteilt, welche Ausgaben an welcher Stelle konkret getätigt worden sind oder welche Einflüsse konkret Mehrausgaben in welcher Höhe verursachen und wie diese gedeckt werden könnten. Es steht die Frage im Raum, wieso bei sinkenden Einwohnerzahlen die Kosten – und auch die Personalanzahl ständig steigt.
Waren noch vor 4 Jahren 1102 Mitarbeiter in der Verwaltung beschäftigt, sind es jetzt 1217 Mitarbeiter. Wo wurden diese eingestellt? War das sinnvoll?
Fakt ist – an den wichtigen Stellen fehlt immer noch Personal.
Die vom Stadtrat abgelehnte Vorlage zum Ende des Jahres führt nur sehr allgemein einige Gründe auf, welche zu der Gesamtsumme an Mehrausgaben geführt haben. Nachgewiesen ist nicht, ob diese nicht unvorhersehbar oder unabweisbar waren. Auch eine mündliche Begründung in einer Ausschuss- oder der Stadtratssitzung erfolgte nicht.
Es drängt sich der Verdacht auf, dass der OB nicht nur bei den Personalkosten völlig den Überblick verloren hat oder einfach überfordert ist.
Die Fraktion FÜR GERA fordert daher, dass der Stadtrat als Entscheidungsgremium eher und intensiver eingebunden wird, nicht erst „kurz vor Ultimo“ in der letzten Sitzung des Jahres.
Wir erwarten, dass es eine Entscheidung des Stadtrates sein muss, wenn Personalkosten in dieser Größenordnung zusätzlich entstehen. Bereits ohne Einbindung des Stadtrats eingegangenen Verpflichtungen nachträglich zu legitimieren, kommt für uns nicht in Frage.
Wir erwarten auch, dass der Stadtrat frühzeitig entscheiden muss, wie eventuell notwendige Mehrausgaben gedeckt werden.
In diesem Jahr schlägt der Oberbürgermeister nun vor, einen Großteil der zusätzlichen Ausgaben aus den zusätzlichen Zuweisungen des Landes zu decken.
Hinsichtlich des Einsatzes dieser zusätzlichen Gelder hätte der Stadtrat einbezogen werden müssen. Vertreter aller Fraktionen hatten dies auch immer wieder gefordert. Aber es ist ja zur allgemeinen Praxis geworden, dass Forderungen, Wünsche oder Bitten aus den Fraktionen den Oberbürgermeister wenig interessieren.
Was hätte man von den insgesamt 7 Mio. zusätzlicher Mittel alles realisieren können? – nicht nur Mülleimer, Fahrradständer, Toiletten, Sanierung von Sportstätten, Schulen und Straßen…. aber nein, der Oberbürgermeister legt es auf die „Hohe Kante“ um dann am Ende des Jahres irgendwelche Löcher zu stopfen. Die Intention dieser Landesmittel ist sicherlich eine andere gewesen.
„Letztendlich geht dieses Agieren des Oberbürgermeisters nicht zu Lasten der Mitarbeiter der Stadtverwaltung, denn diese werden die ihnen aus tariflichen Verpflichtungen zustehenden Gehälter bekommen, sondern zu Lasten aller Bürger, welche in ihrer Stadt auf dringend notwendige Investitionen verzichten müssen. Der Stadtrat hat mit seiner Entscheidung deutlich gemacht, dass er dies nicht weiterhin tolerieren wird. Die Mehrheit des Stadtrates ist sich bewusst gewesen, dass die Ablehnung der überplanmäßigen Personalkosten vom OB beanstandet werden würde. Wir hoffen jedoch, dass im Zuge des Beanstandungsverfahrens geprüft werden wird, ob alle zusätzlichen Personalausgaben gerechtfertigt waren. Wir sehen dies als Chance bei dem wichtigen Thema Personalkosten. Eine andere Möglichkeit hatte der Stadtrat leider nicht.“ schätzt Sandra Raatz ein.
Es bleibt zu hoffen, dass uns allen eine solche Situation im nächsten Jahr erspart bleibt. Die jetzige öffentliche Debatte könnte auch der Aufarbeitung des Grundproblems dienen.
V.i.s.d.P.
Sandra Raatz
Fraktion FÜR GERA
Vorsitzende