Rede im Stadtrat: Sandra Graupner zur Ostschule

Rede Vorlage DS 169/2019      

Zukünftige Thüringer Gemeinschaftsschule Ostschule Gera - Errichtung einer Sporthalle

 

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrte Damen und Herren Stadträte und OTBM,

sehr geehrte Gäste und besonders auch Lehrer der Ostschule,

 

 

wir haben schon einiges über die Historie des heutigen Beschlusses gehört.

 

Erlauben Sie mir nur noch einmal einen kurzen Abriss zu machen, um die Absurdität des Verfahrens deutlich zu machen.

 

2018: Planung erfolgt mit 2-Fachhalle, Stadtrat wird entsprechend informiert und fasst den Beschluss zur Errichtung einer Turnhalle, in der laufenden Annahme dass die Planung der 2-Fach-Halle so Bestand hat

 

15.5.2019: Präsentation im BULVA mit 1,5- Fachhalle, da man wahrscheinlich nach mehr als 2 Jahren gemerkt hat, dass die finanziellen Mittel nicht ausreichen - keine Beteiligung des BKSA, geschweige denn des Stadtrates

 

16.5.19: Fördermittel werden entsprechend beantragt, ohne Einbeziehung anderer Ausschüsse oder gar des Stadtrates

 

21.11.19 Beschluss des HH entsprechend des Änderungsantrages meiner Fraktion und der Fraktion DIE LINKE, nachdem ich das Problem bereits im KSA thematisiert hatte.

 

Die erste Möglichkeit, die sich für den Stadtrat bot, die eigenmächtige Umplanung der Verwaltung rückgängig zu machen, war letztendlich der Beschluss zum Haushalt 2020.

 

Und, meine Damen und Herren, wir haben die Gelegenheit gemeinsam genutzt!

 

Und was macht die Verwaltung? An statt daran zu arbeiten, wie man den Beschluss umsetzen kann, werden Möglichkeiten gesucht, die Umsetzung zu verhindern. Nach nur 27 Tagen gab es einfach eine neue Beschlussvorlage!! In dieser Zeit ist es unmöglich, alle Konsequenzen hinsichtlich der Finanzierung und des Bauablaufes zu prüfen.

Es gab nicht einmal eine Beschlussvorlage für die Fachausschüsse und somit keine Gelegenheit für die Fraktionen dort Änderungsanträge zu stellen.

 

Wer jetzt eine Rolle Rückwärts machen möchte, der muss sich im klaren sein, dass wir mit den Umbau- und Sanierungsarbeiten an der Ostschule unser Verständnis von Bildung für die nächsten Jahrzehnte zementieren.

 

Sollten wir es dann nicht richtig machen?

 

Wie oft wurde von Stadträten kritisiert, dass der Schulcampus viel zu teuer wäre. An der Ostschule wollen wir jetzt sparen? Ich ermahne eindringlich, bei Sanierung und Umbau von Schulen, also nicht allein der Ostschule, die Anforderungen für künftige Schülergenerationen nicht aus den Augen zu verlieren. Die Achtung, die Kommunalpolitik den jungen Menschen entgegenbringt erkennt man zuerst am Zustand von Kindertagesstätten und Schulen.

 

Und nun zur Sporthalle an sich:

 

Wie man Sportunterricht für mehr als 700 Schülerinnen und Schüler außerhalb der Freiluftsaison in einer solch kleinen Sporthalle organisieren will, ist mir weiterhin schleierhaft.

 

Nach den mehr als 20 Jahre alten Schulbauempfehlungen für den Freistaat Thüringen - wohlgemerkt Inklusion und Gemeinschaftsschulen gab es damals noch gar nicht - ist für den Bereich Regelschulen bei drei Klassenzügen eine Doppelsporthalle erforderlich. Die Ostschule soll Gemeinschaftsschule werden, dass heißt, es kommen noch 12 Grundschulklassen hinzu. Für diese wäre nach den überalten Empfehlungen eine Einzelhalle erforderlich. Ich möchte mal hoffen, dass hier nicht ein schlauer Planer auf die Idee kam, den Durchschnitt aus Einzelhalle und Doppelhalle zu bilden. Es kommen ja schließlich Grundschüler hinzu.

 

Längst ist der positive Einfluss von Bewegung auf das Lernen unserer Kinder nachgewiesen. Es gibt Planungen den Sportunterricht auszuweiten. Es ist die Rede von einer Stunde pro Tag. Wie würden wir das umsetzen, wenn unsere Planungen nicht einmal den jetzigen Bedarfen entspricht?

 

Und warum lag wurde wohl ursprünglich mit einer Zweifach-Halle geplant? Weil die vielleicht den Bedarfen entsprach? Meine Nachfrage in einem Fachausschuss wurde von der Verwaltung wie folgt beantwortet: „Weil der Platz da war.“ Ich frage Sie: „Ist der Platz jetzt kleiner geworden“? Ich denke nicht. Eine solche Antwort in einem Fachausschuss  empfinde ich als Frechheit.

 

Ich verstehe auch die jetzigen Lehrer und Schüler, die so schnell wie möglich das Ausweichobjekt in der Eiselstrasse verlassen wollen. Aber ich gebe zu bedenken, wir bauen hier nicht nur für eine Schüler- und Lehrergeneration.

 

Auch aus sportpolitischer Sicht sieht die gerade in Erstellung befindliche Sportentwicklungsplanung Gera 2030 das Erfordernis einer Kapazitätserweiterung im Bereich von mindestens 2-Fach-Hallen.

 

Gerade in den Wintermonaten fehlen für optimale Trainingsbedingungen z.B. für Sportarten wie Fussball oder Handball immer wieder Kapazitäten bei großen Hallen. Ohnehin kann ich mir nicht vorstellen, wie Schülern diese Sportarten auf der Fläche eines Drittels einer  1,5-Fachhalle beigebracht werden sollen.

 

Wir stellen also mit diesem Beschluss wieder einmal eine eigene Konzeption in Frage. Was nützen da teure Konzepte, wenn diese nicht umgesetzt werden. Das Geld und die Fördermittel, ja auch die Arbeit kann man sich dann sparen.

 

Natürlich haben wir auch bei einer 1,5-Fach-Halle am Ende eine qualitativ bessere Halle als jetzt und für den Schulunterricht wird diese als ausreichend beschrieben. Die jetzige Turnhalle stammt aus dem Jahr 1906, natürlich muss es da eine Verbesserung geben. Wir fahren ja auch nicht mehr mit den Straßenbahnen von damals. Und „Ausreichend“ entspricht für mich der Note 4.

Wollen wir das für unsere Schüler, Lehrer, Eltern und Sportler für die nächsten Jahrzehnte?

Das muss sich jeder Stadtrat heute fragen.

 

Und nun nach den sachlichen Fakten, was die Erfordernisse an der Ostschule betreffen, zu den Fakten der Verwaltung, die uns heute zu einer anderen Entscheidung bewegen sollen.

 

Diese Fakten sind rein baufachlicher und finanzieller Natur. Aber wenigstens hat jetzt jeder Stadtrat mal etwas schwarz auf weiss, was zumindest hinterfragt, ja wenn nicht angezweifelt werden darf.

 

Als Gründe werden hier v.a. Kostensteigerungen und Bauverzug angeführt.

Die in der Vorlage und im Schreiben vom 17.01.20 aufgeführten Zahlen wurden so noch nie genannt.

Plötzlich wird dort von einer nicht näher benannten Risikobewertung ausgegangen, die im übrigen auch die 1,5-Fachhalle deutlich teurer werden lässt.

Bisher war immer von Mehrkosten von 1,5-2,0 Mio EUR die Rede, erst zuletzt noch in der Novembersitzung des KSA. Was jetzt zu dieser weiteren Kostensteigerung führt, ist nicht nachvollziehbar.

Diese ergibt sich nicht einmal, wenn man von einer linearen Kostensteigerung anhand der Hallengrößen ausginge.

 

Vergleichbare Hallen kosten im übrigen in anderen Städten 5-6 Mio. EUR.

Auch die Zeitlinien sind nicht nachvollziehbar. Dass sich eine Verzögerung bei dem Bau der Turnhalle und der Außenanlagen ergibt, ist klar. Unklar ist jedoch die Verzögerung beim Schulgebäude.

Natürlich müssen Ausschreibungen neu gemacht werden müssen, aber Planungsunterlagen müssten ja aus der Ursprungsplanung vorhanden sein. Dauert das alles ein ganzes Jahr?

 

Meine Damen und Herren Stadtratskollegen, ich bitte Sie, machen Sie sich Ihre Entscheidung nicht einfach.

 

Überlegen Sie, ob Sie rein anhand der vorliegenden Zahlen entscheiden, auch vor dem Hintergrund der Qualität bisheriger Planungen bei anderen Objekten.

 

Und überlegen Sie, was Ihnen gute und zeitgemäße Bildungs- und Lernbedingungen an unseren Schulen wert sind.

 

Bitte bedenken Sie auch, dass das Grundproblem bei unseren gesamten Schulbauprojekten damit nicht geklärt wird - nämlich die Finanzierung aller Vorhaben. Heute reden über die Turnhalle an der Ostschule, in der Vergangenheit haben wir über darüber geredet, dass der Campus immer teurer wird. Erst kürzlich war dort von einerFinanzierungslücke die Rede. Und zukünftig werden wir wohl darüber reden, ob der Anbau am Liebegymnasium wie geplant realisiert werden kann.

 

Ich sehe da auch das Land und den Bund in der Pflicht, den finanzschwachen Kommunen zu helfen. Gerade dort ist gute Bildung wichtig- gerade an unseren staatlichen Schulen. Erst kürzlich konnte man in der Zeitung lesen, dass das Land Rekordeinnahmen verbucht und sich alle Parteien einig sind, bis zu 168 Mio EUR an die Kommunen weiter zu geben.

Vor diesem Hintergrund wäre eine Finanzierung auf jeden Fall darstellbar - wenn das gewollt wäre.

 

Wir haben zwei große Fraktionen, deren Mitglieder in Bundes- und Landesparlamenten vertreten sind . Ich bitte Sie, machen Sie sich stark für Gera. 

 

Und Sie liebe Kollegen bitte ich, heute keinen neuen Beschluss zu fassen.

 

Vielen Dank!